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Mein „Best of 2013“

Dezember 26, 2013

Viel habe ich gesehen und gehört im zu Ende gehenden Jahr, nur selten habe ich aus den unterschiedlichsten Gründen darüber geschrieben. Deshalb gibt es in diesem Jahr ein „Best of“ und das auch etwas weiter gefasst als üblich. Die folgende Übersicht enthält Abende, die mich in ihrer Gesamtheit uneingeschränkt oder zumindest überwiegend beeindruckt haben. Ich beschränke mich dabei nicht nur auf Opernbesuche – es findet sich sogar eine Sprechtheater-Aufführung in meiner Liste.
Um künstlerische Einzelleistungen zu würdigen, die mich im vergangenen Jahr begeistert haben, wird eine weitere Aufstellung „Best of 2013“ erforderlich sein. Daß es sich dabei überwiegend um Sänger handeln wird, versteht sich von selbst.


12. Don Carlo Toulouse

Eine Don Carlo Wiederaufnahme einer Inszenierung von 2005 (Nicolas Joel) führte mich nach Toulouse zum Théâtre du Capitol, eine willkommene Gelegenheit, da ich noch nie in dieser Gegend war. Durch die vorherigen extremen Regenfälle war mein Urlaub leider etwas beeinträchtigt, nicht aber der Theaterbesuch. Gleich zweimal stieg ich die engen steilen Treppen zum Balkon des sympathisch bürgerlichen Zuschauerraum hinauf (kein Aufzug). Die Inszenierung konnte sich sehen lassen, überwiegend dekorativ, aber was will man bei Don Carlo schon viel machen. Gute Sänger braucht man und die waren in Toulouse vorhanden. Dimitri Pittas gab ein sehr respektables Debut als Don Carlo, Christine Goerkes Eboli war überaus hörenswert und Tamar Iveri passte wunderbar als Elisabeth de Valois. Roberto Scandiuzzi war stimmlich ausgezeichnet und darüberhinaus spielstark. Spielstark auch Christian Gerhaher in seinem Debüt als Rodrigo, vor allem wenn man bedenkt, daß er während der Probenarbeiten wohl gesundheitlich ziemlich beeinträchtigt war. Sein Posa war bemerkenwert, wunderbar und wissend gesungen. Ich hoffe sehr, ihn in der Rolle nochmal hören zu dürfen. Aufhorchen ließ mich die Sängerin des Tebaldo namens Daphné Touchais. Maurizio Benini dirigierte das ausgezeichnete Orchestre du Capitole. Gespielt wurde die vieraktige italienische Version

11. Der fliegende Holländer, Zürich

Am Opernhaus Zürich sah ich am 9. Dezember 2012 die erste Inszenierung von Andreas Homoki als Intendant in Zürich. Über diesen fantastischen Opernabend habe ich im Blog nicht geschrieben, deshalb verlege ich den Dezember 2012 einfach mal nach 2013.
Unter der musikalischen Leitung von Alain Altinoglu sangen Anja Kampe Senta. Bryn Terfel war ein dämonischer Holländer. Matti Salminen gab den geldgeilen Daland. Das Stück spielt auf einer Drehbühne im Inneren eines Schiffes oder auch in einer Reederei. Die Spinnstube war ein Schreibbüro. Stimmige dichte Inszenierung.

10. Klavierabend Grigory Sokolov in Salzburg
Grigory Sokolov spielte am 23. August 2013 in Salzburg ein Schubert/Beethoven Programm und ich war da, erlebte den Meister zum ersten Mal live. Ich war hingerissen von seinem Spiel, dem uneitlen Auftreten und vor allen Dingen von dem nicht enden wollenden Abend mit unzähligen Zugaben. Sternschnuppenstunden.

9. Don Carlo, Opernfestspiele München
Don Carlo ist meine derzeit bevorzugte Verdi-Oper, die im Juli 2013 gleich zweimal in fast identischer Besetzung meinen Weg kreuzte. Die alte Münchner Inszenierung von Jürgen Rose unter der musikalischen Leitung ziehe ich nach einiger Überlegung der Salzburger Neuinszenierung (Peter Stein) vor und zwar wegen der intimeren Darstellung auf der schmäleren Nationaltheaterbühne. Die in München aufgebotene Besetzung mit Anja Harteros, Ekaterina Gubanova, René Pape, Jonas Kaufmann und Ludovic Tézier war exemplarisch. Obwohl ich diese Inszenierung bereits sehr oft und immer in guter Besetzung sehen durfte, gehört sie zu meinen Best of 2013. Ein großes Erlebnis.

8.Der Ring des Nibelungen, Opernfestspiele München
Kent Naganos letzter Ring des Nibelungen in der Kriegenburg Inszenierung während der Festspiele im Juli 2013 war ein absolutes Muß. Highlight war die Götterdämmerung am 18. Juli mit einer fulminanten Nina Stemme.
Die Besetzung der Götterdämmerung:
Siegfried Stephen Gould
Gunther Iain Paterson
Hagen Hans-Peter König
Alberich Tomasz Konieczny
Brünnhilde Nina Stemme
Gutrune / 3. Norn Anna Gabler
Waltraute Michaela Schuster
Woglinde Hanna-Elisabeth Müller
Wellgunde Angela Brower
Floßhilde / 1. Norn Wiebke Lehmkuhl
2. Norn Jennifer Johnston

7. Othello, National Theater London
Ein Londonbesuch im Juli 2013 führte mich ins National Theatre. Ich hatte Shakespeare noch nie in der Originalsprache gehört und gesehen. Die hoch gelobte „Othello“ Inszenierung von Nicholas Hytner mit Adrian Lester in der Hauptrolle erfüllte weit mehr als ich jemals erwartet hatte. Mein ganz privater Kick-off für mehr Shakespeare im Original. Und trotz Sprechtheater ein irgenwie musikalisches Erlebnis.

6. Barenboim, Rheingold und Walküre, BBC Proms London
Der kurze London Trip im Juli führte mich auch zu den Proms in der Royal Albert Hall.
Daniel Barenboim dirigierte einen konzertanten Ring des Nibelungen. Barenboim, dessen Berliner/Mailänder Ring ich im April in Berlin gesehen hatte, wobei mir die Staatskapelle Berlin in bester Erinnerung blieb. Rheingold und Walküre, nur diese beiden Abende konnte ich besuchen, in konzertanter Aufführung, nicht doch ein Anachronismus, wenn es im Jahr 2013 von Bühnenringen nur so wimmelt? Mitnichten. Barenboim gelang das schier Unmögliche, nämlich die Bühne vergessen zu lassen, eine Spannung aufzubauen und über die Stunden zu halten. Großartige Sänger hatte man aufgeboten.

Die Rheingold Besetzung:

Iain Paterson baritone (Wotan)
Stephan Rügamer tenor (Loge)
Jan Buchwald baritone, Proms debut artist (Donner)
Marius Vlad tenor, Proms debut artist (Froh)
Ekaterina Gubanova mezzo-soprano (Fricka)
Anna Samuil soprano (Freia)
Anna Larsson mezzo-soprano (Erda)
Johannes Martin Kränzle baritone (Alberich)
Peter Bronder tenor (Mime)
Stephen Milling bass, Proms debut artist (Fasolt)
Eric Halfvarson bass (Fafner)
Aga Mikolaj soprano (Woglinde)
Maria Gortsevskaya mezzo-soprano (Wellgunde)
Anna Lapkovskaja mezzo-soprano, Proms debut artist (Flosshilde)

Und die Hauptrollen der Walküre:

Bryn Terfel bass-baritone (Wotan)
Eric Halfvarson bass (Hunding)
Simon O’Neill tenor (Siegmund)
Anja Kampe soprano, Proms debut artist (Sieglinde)
Nina Stemme soprano (Brünnhilde)
Ekaterina Gubanova mezzo-soprano (Fricka)

Es war nicht nur das künstlerische Erlebnis, das mir großen Eindruck machte, unvergleichlich schön fand ich die Stimmung in der riesigen Royal Albert Hall, in der alleine ca. 1.000 Prommers auf den Stehplätzen ausharrten, nachdem sie vorher bereits stundenlang um Karten angestanden hatten.

5. Die Frau ohne Schatten, Bayerische Staatsoper.
Premiere am 21. November 2013. Die Arbeit von Krzysztof Warlikowski und Kirill Petrenko führte mich wie schon die Salzburger Loy/Thielemann Inszenierung ein Stück näher zu Richard Strauss, mit dem ich bekanntermaßen meine Schwierigkeiten habe. Hervorragende Sänger wie Adrienne Pieczonka als Kaiserin, Johann Botha als Kaiser, Elena Pankratova als fulminate Färberin, Wolfgang Koch als Barak und Deborah Polaski als Amme waren aufgeboten. Der bayerischen Staatsoper ist ein Wurf gelungen.

4. De la Maison des Morts, Opéra national du Rhin, Strasbourg
Nach Strasbourg reiste ich im Oktober zu „De la Maison des Morts“, Inszenierung von Robert Carsen an der Opéra national du Rhin. „Aus einem Totenhaus“ beendete den Leos Janacek Zyklus an der Opéra national du Rhin, von dem ich leider zu spät erfuhr. Eine beklemmende, düstere Reflektion über das Dasein im Straflager, über die Psychologie des Eingesperrtseins. Ich erlebte eine packende Ensembleleistung, wobei ich nicht davon ausgehe, daß die für die Oper erforderlichen vielen Männerstimmen alle dem hauseignenen Ensemble angehören. Wunderbare Sängerdarsteller auf jeden Fall. Marko Lentonja dirigierte das Orchestre philharmonique de Strasbourg. Es war die Reise nach Straßburg wert, die ich noch dazu im französischen Superzug TGV zurücklegen konnte.

3. SAMSTAG aus Licht, musica viva, Bayerischer Rundfunk
München erlebte im Juni 2013 SAMSTAG aus Licht, Oper aus einem Gruß und vier Szenen von Karlheinz Stockhausen, die deutsche Erstaufführung, gegeben in der Muffathalle, dem Herkulessaal und in St. Michael, Kaufingerstrasse. Ich konnte nur an dem Abend in der Michaelskirche teilnehmen, der aus dem „Samstag-Gruss (Luzifer Gruss)“ bestand und aus Szene 4 „Luzifers Abschied“. Stockhausens Musik „überrumpelte“ mich buchstäblich. Eine atemberaubende Performance, vor allem der 45 Männer des Chores des bayerischen Rundfunks in Mönchskleidung. Mehr Stockhausen in München bitte!

2. Norma, Pfingstfestspiele Salzburg
Bereits zu den Salzburger Pfingstfestpielen kam „Norma“ in der Inszenierung von Moshe Leiser und Patrice Caurier heraus. Unter Giovanni Antonini spielte das Zürcher Orchester La Scintilla, Originalklang. Ein Risiko an sich, möchte man meinen, und dazu noch mit Cecilia Bartoli in der Hauptrolle. Heraus kam eine absolut überzeugende und sehr berührende Interpretation, die Norma nicht als mythische vorchirstliche Figur, sondern als eine mit beiden Beinen in der Realität einer Kriegssituation stehenden Frau als Widerstandskämpferin sieht.

Besetzung der Hauptrollen:

Cecilia Bartoli, Norma
Rebeca Olvera, Adalgisa
John Osborn, Pollione
Michele Pertusi, Oroveso

1. Billy Budd, Glyndebourne
In Glyndebourne besuchte ich im Sommer zwei Vorstellungen Hippolyte & Aricie und Billy Budd. Während die Rameau-Oper mir völlig unbekannt war, mir Rameau überhaupt fremd ist, bin ich mit dem Inhalt und der Musik von Billy Budd eher vertraut.
Michael Grandages Produktion war eine Wiederaufnahme von 2010. Sir Andrew Davis leitete das phantastische London Philharmonic Orchestra. Es passt alles bei dieser Inszenierung, die sich im Inneren eines historischen Schiffes abspielt, visuell wie musikalisch. Ein atemberaubend spannender, mitreissender Opernabend.

Besetzung:
Captain Vere Mark Padmore
Billy Budd Jacques Imbrailo
Claggart Brindley Sherratt
Mr Redburn Stephen Gadd
Mr Flint David Soar
Lieutenant Ratcliffe Darren Jeffery
Red Whiskers Alasdair Elliott
Donald John Moore
Dansker Jeremy White
Novice Peter Gijsbertsen
Squeak Colin Judson
Bosun Richard Mosley-Evans
Maintop Dean Power
Novice’s Friend Duncan Rock
First Mate Michael Wallace
Second Mate Benjamin Cahn
Arthur Jones Brendan Collins
Cabin Boy Charlie Gill
Midshipmen Sebastian Davies,
Tom Foreman, William Gardner,
Quentin Zach-Martins, Will Roberts

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