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Komische Oper, Xerxes deutsch

Juni 12, 2012

Mein voller Ernst. Ich habe selten so gelacht in einer Oper.

1. Akt. Eitel Freude im Schatten der Platane. Foto: Komische Oper


Der persische König Xerxes ist zwar verlobt, aber ein Kind von Traurigkeit ist er deswegen nicht. Ganz ein Kind seiner oder auch unserer Zeit. Der König erfährt von einer Liaison seines Bruders Arsamenes mit Romilda, der Tochter seines Heerführers Ariodate, will sie prompt selber haben und erwählt Arsamenes als seinen Kuppler. Das passt Arsamenes verständlicherweise nicht, und dafür wird dafür von Xerxes verbannt. Arsamenes gibt natürlich nicht auf und schickt seinen Diener Elviro als Blumenverkäuferin verkleidet ins Gefecht um Romilda seine Liebe zu versichern. Amastris, Xerxes ahnungsvolle Verlobte, bleibt ebenfalls nicht untätig. Als Soldat verkleidet, zieht sie mit in den Krieg, um dem Verlobten auf die Finger zu schauen und bei der Stange zu halten. Atalanta ist Romildas Schwester und hat ihrerseits ein Auge auf Arsamenes geworfen und zieht alle Intrigenregister, um den sich vermeintlich wieder auf dem Markt Befindlichen einzufangen. Nach unentwirrbaren Durcheinander aus Intrigen und Mißverständnissen heiratet Arsamenes mehr zufällig Romilda und Xerxes hat das Nachsehen. Als König trägt man solches natürlich mit Fassung. Läbbe geht weiter.

Zwischenvorhang zu Xerxes

Stefan Herheim begnügt sich natürlich nicht mit der Wiedergabe der verworrenen frühgeschichtlichen Story. Er verlegt den Plot auf die Bühne des King’s Theatre, London, 1738. Dort wird Händel’s Xerxes aufgeführt. Die Hackordnung im Theater jener Zeit: King ist der Kastratentenor, dessen Bruder in die Primadonna des Theaters verliebt ist, die wiederum eine neidische Schwester hat. Eine vergleichbare Personen-Konstellation also wie in Händels Oper mit ähnlichen Verwicklungen.

Xerxes auf dem Kriegspfad. Foto (c)Komische Oper

Die auf einer Drehbühne installierten Kulissen erlauben den raschen Wechsel des Szenarios zwischen den Kalamitäten der Dargestellten und der Darsteller. Händels Musik zu Xerxes ist flotter als seine vorigen Opern. Die Abfolge der Nummern ist schneller, die Nummern selber sind kürzer, keine Da-Capo-Arien bis zum Abwinken, sondern kurze Arien und kurze Rezitative. Händel wollte mit diesem Stück das von dominierte italienische Theater am Haymarket in London sozusagen erneuern, hatte damit aber wenig Glück. Es wurde nach fünf Vorstellungen wieder abgesetzt.

Darum geht’s letztlich. Foto (c)Komische Oper


Alexander Meier-Dörzenbach schreibt im Programmheft zu dieser Produktion über das Programmheft zur Uraufführung, das italienischen und englischen Text enthielt und eine Inhaltsangabe, die da lautete:

Der Inhalt des Spiels ist so absolut einfach, dass es den Leser nur belästigen würde, gäbe man ihm eine lange Erläuterung zur Erklärung. Manche Blödheiten und die Kühnheit von Xerxes (wie beispielsweise seine tiefe Liebe zu einer Platane und der Brückenbau über den Hellespont, um Asien und Europa zu verbinden) sind die Grundlage der Geschichte. Der Rest ist Fiktion.

Herheim nennt es kurz und prägnant „barocke Muppetshow“.

Friede, Freude, Eierkuchen. Foto: (c) Komische Oper

Am Ende, wie könnte es anders sein, wird der „Holde Friede“ herbeigesungen (wobei ich mir gar nicht mehr sicher bin, ob der Schlusschor nicht gestrichen wurde). Zwischen der schattigen Platane und Komm wieder, holder Friede entfaltet sich jedenfalls auf der Bühne ein Reigen von skurillen Menschlichkeiten, der Spaß macht, auch mal ein bißchen abdriftet, durch die Verknüpfung mit der Theater“wirklichkeit“ jedoch nicht zum reinen Klamauk wird.

Schlussvorhang zu Xerxes

Besonders gespannt war ich darauf, wie sich das Orchester der Komischen Oper der Aufgabe entledigen würde. Heutige Ohren sind auf „Originalklang“ bei Barockopern eingerichtet. Mit dem unter der Leitung von Konrad Junghänel erzeugten Mischklang konnte ich wunderbar leben; ähnlich Gutes hat Ivor Bolton mit dem Bayerischen Staatsorchester zustandegebracht, als man dort noch Barockmusik spiel(t)e(n durfte). Die Rezitative wurden in deutscher Sprache, mitunter in Berlinerisch, die Arien auch in Italienisch gesungen. Gesungen wurde durchweg gut, die Stimmen waren mit unterschiedlichen Stimmcharakteren besetzt, sodaß keine Eintönigkeit aufkam. Ich weiß nicht, ob man mit Ensemblemitgliedern oder Gästen spielte. Wenn Ensemble, kann man die Komische Oper dazu nur beglückwünschen. Herausragend fand die Leistung von Stella Doufexis in der Titelrolle. Darstellerisch balancierte sie auf dem Grat zwischen Tragik und Komik, stimmlich ist sie mir ebenfalls in ausgezeichneter Erinnerung.


Leading Team

Musikalische Leitung … Konrad Junghänel
Inszenierung … Stefan Herheim
Bühnenbild … Heike Scheele
Kostüme … Gesine Völlm
Dramaturgie … Alexander Meier-Dörzenbach, Ingo Gerlach
Chöre … André Kellinghaus
Licht … Franck Evin

Die Besetzung am 19. Mai 2012

Xerxes … Stella Doufexis
Arsamenes … Karolina Gumos
Amastris … Katarina Bradic
Romilda … Brigitte Geller
Atalanta … Julia Giebel
Ariodates … Dimitry Ivashchenko
Elviro … Hagen Matzeit

Weitere Vorstellungen im Juni und Juli 2012. Xerxes, Komische Oper Berlin

One Comment leave one →
  1. Fabian Stallknecht permalink
    Juni 12, 2012 09:00

    Meines Wissens kommt die gesamte Besetzung aus dem hauseigenen Ensemble. Habe bisher auch nur begeisterte Stimmen zu dieser Produktion vernommen….!

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